Aus- und Weiterbildung für forstliche Berufe

Positionspapier des Österreichischen Forstvereins (2003)

Der forstliche Arbeitsmarkt befindet sich in einem steten Wandel. Die Internationalisierung macht in der Aus- und Weiterbildung auch vor der Forstwirtschaft nicht Halt. Neue Anforderungsprofile für die Berufsausübung entstehen. Nicht zuletzt deshalb werden neue Ausbildungswege, wie zum Beispiel das Bakkalaureatsstudium an der Universität für Bodenkultur, beschritten. Eine umfassende Kompetenz der Forstleute ist bei steigendem Interesse der Öffentlichkeit am Wald verstärkt gefordert. Die forstliche Ausbildung muss daher mehr denn je in einem ständigen Prozess an die neuen Anforderungen des Arbeitslebens angepasst werden. Der laufenden Weiterbildung muss in diesem Zusammenhang eine zentrale Bedeutung und ein hoher Stellenwert eingeräumt werden.

Positionspapier zur Aus- und Weiterbildung für forstliche Berufe

 

1) Präambel

Der forstliche Arbeitsmarkt befindet sich in einem steten Wandel. Die Internationalisierung macht in der Aus- und Weiterbildung auch vor der Forstwirtschaft nicht Halt. Neue Anforderungsprofile für die Berufsausübung entstehen. Nicht zuletzt deshalb werden neue Ausbildungswege, wie zum Beispiel das Bakkalaureatsstudium an der Universität für Bodenkultur, beschritten. Eine umfassende Kompetenz der Forstleute ist bei steigendem Interesse der Öffentlichkeit am Wald verstärkt gefordert. Die forstliche Ausbildung muss daher mehr denn je in einem ständigen Prozess an die neuen Anforderungen des Arbeitslebens angepasst werden. Der laufenden Weiterbildung muss in diesem Zusammenhang eine zentrale Bedeutung und ein hoher Stellenwert eingeräumt werden.

Für den Österreichischen Forstverein war die Durchleuchtung der forstlichen Aus- und Weiterbildung ein Hauptanliegen, um Vorschläge für den Bildungsbereich zu erarbeiten und die Zusammenführung von Ausbildung und Praxis mitgestalten zu können. Der Österreichische Forstverein hat daher eine Bildungsenquete initiiert, die eine breite Partizipation aller Interessierten ermöglicht hat.

Im Rahmen dieses mehrstufigen, offenen Prozesses wurden unter Beteiligung aller betroffenen Bereiche zuerst die Anforderungen der Arbeitgeber an die Absolventen forstlicher Ausbildungen, vom Forstfacharbeiter bis zum Akademiker, ebenso wie etwaige Ausbildungsdefizite analysiert. In der zweiten Phase hatten die Teilnehmer die Möglichkeit konkrete Verbesserungsvorschläge für die einzelnen Bildungsbereiche zu artikulieren.

Auf Basis der Ergebnisse dieser Bildungsenquete liegt nun ein grundlegendes Positionspapier des Österreichischen Forstvereines vor. Ziel ist die Verbesserung der forstlichen Aus- und Weiterbildung und die Straffung der Ausbildungswege. Damit soll auch den Stätten forstlicher Ausbildung Hilfestellung geboten werden.

Es handelt sich um ein Bildungskonzept, wobei der Österreichische Forstverein inhaltliche Schlussfolgerungen bewusst den Gesetzgebern überlässt (Landes- und Bundesgesetze).

 

2. Zielgruppen

Dieses Positionspapier trifft ausschließlich Aussagen zu Fragen der Aus- und Weiterbildung folgender Ausbildungsgruppen:

  • Absolventen und Absolventinnen Landwirtschaftlicher Fachschulen
  • Absolventen und Absolventinnen Forstlicher Ausbildungsstätten und Landesberufsschulen
  • Absolventen und Absolventinnen der Forstfachschule Waidhofen/Ybbs
  • Absolventen und Absolventinnen der Höheren Bundeslehranstalt für Forstwirtschaft Bruck/Mur
  • Absolventen und Absolventinnen der Universität für Bodenkultur Wien

 

3. Rahmenbedingungen

Die vorliegende Position ist in Zusammenhang mit dem Positionspapier des Österreichischen Forstvereines zu sehen, das bereits im Juni 1996 verabschiedet wurde. Die damals artikulierten rechtlichen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen haben nach wie vor volle Gültigkeit.

Primäres Ziel dieses Papiers ist, den aktuellen Veränderungsbedarf aufzuzeigen. Bei der Erarbeitung der Forderungen wurden jene Positionen aus dem Jahre 1996 mitberücksichtigt, die nach wie vor gültig sind.

 

4. Grundlegende Erkenntnisse der Bildungsenquete

4.1. Beurteilung des Ist-Zustandes

Ein allgemein gültiges Berufsanforderungsprofil an den Absolventen einer forstlichen Ausbildung gibt es heute nicht mehr. Je nach Arbeitsbereich sind – auch in der klassischen Forstwirtschaft – die Ansprüche und Schwerpunkte der beruflichen Tätigkeiten sehr unterschiedlich.

Die Auswertung des ersten Enqueteteiles ergibt, dass in der aktuellen forstfachlichen Ausbildung über alle Arbeitsbereiche hinweg kaum Defizite festgestellt werden, und diese als „gut“ beurteilt wird. Als ausreichend, aber in einzelnen Bereichen verbesserungswürdig, werden juristische, EDV- und betriebswirtschaftliche Kenntnisse bewertet. Größere Defizite weisen die Absolventen in folgenden Bereichen auf:

  • Unternehmerisches Denken und Handeln
  • Projektmanagement
  • Management
  • Personalführung
  • Kommunikation / Teamfähigkeit / Soziale Kompetenz / Emotionale Intelligenz (soft skills)

Diese Defizite weisen darauf hin, dass sich das Berufsbild in der Forstwirtschaft in den letzten Jahren vom Absolventen mit vorwiegend forstfachlichem Hintergrund hin zum umfassenden „Manager des Ländlichen Raums“ gewandelt hat, an den wesentlich erweiterte Anforderungen gestellt werden. Diesem Wandel des Anforderungsprofils scheint die Aus- und Weiterbildung nicht in ausreichendem Maße gefolgt zu sein.

Die Ausbildung aller Personalgruppen hat sich am generellen Leitbild der universellen Waldkompetenz und ihrem Einsatz in den verschiedenen Berufsfeldern und/oder Produktionszweigen zu orientieren. Ausbildungsziel im engeren Sinne ist die funktionell differenzierte Fähigkeit zu ganzheitlichen Problemdefinitionen und -lösungen. Das gilt für den Waldarbeiter (z. B. bei selbständigen Arbeiten der Holzernte) genauso wie für den Beratungsservice der Kammer, den Dienst der Behörde oder die erfolgreiche Gesamtführung eines großen Forstbetriebes.

Eine Festschreibung von Berufsbildern soll unterbleiben, um persönliche  Entwicklungschancen und Einsatzmöglichkeiten außerhalb der klassischen forstlichen Berufsfelder nicht zu schmälern.

Auf Basis des breiten Meinungsbildungsprozesses im Rahmen der Bildungsenquete ergeben sich nachfolgend angeführte, grundlegende Forderungen zur Aus- und Weiterbildung. Die gewählte Zuordnung der einzelnen Punkte zu Ausbildungsgruppen soll die Forderung nach Durchlässigkeit keinesfalls in Frage stellen. Die Untergliederung soll der leichteren Lesbarkeit und Identifikation der Zieladressaten zur Erfüllung der Forderungen dienen.

Dieses Positionspapier des Österreichischen Forstvereins will auch die Bedeutung des berufsbegleitenden, lebenslangen Lernens betonen. Forderungen zur Aus- und Weiterbildung sind nicht getrennt dargestellt, da sie zur Erfüllung der oben dargestellten Ziele untrennbar zusammengehören. Jene, die die Ausbildung übernehmen, müssen sich demnach auch in der Weiterbildung engagieren.

 

4.2. Allgemeine Forderungen

  • Durchlässigkeit – Jeder Bildungsweg soll einen fachlich fundierten Einstieg ins Berufsleben ermöglichen. In Folge sind von den forstlichen Bildungsorganisationen auf die einzelnen Berufsfelder abgestimmte, berufsbegleitende Weiterbildungsmaßnahmen anzubieten. Bei Nutzung des Weiterbildungsangebotes sollten jedem, entsprechend seinen individuellen Fähigkeiten, ohne Einschränkung Aufstiegsmöglichkeiten offen stehen, unabhängig davon, welcher primäre Ausbildungsweg gewählt wurde (Durchlässigkeit der Aus- und Weiterbildung).
  • Weiterbildungskonzept – Alle Arbeitgeber sollten sich der Verantwortung einer gezielten Weiterbildung ihrer Mitarbeiter bewusst sein. Jedem Dienstgeber wird empfohlen, entsprechend seinem Anforderungsprofil und Betriebserfordernissen ein Weiterbildungskonzept zu erstellen und auch umzusetzen.
  • Methodenwissen – Das Wissen ist so umfangreich und es sind neue Erkenntnisse in immer größerem Umfang in kurzer Zeit verfügbar, so dass eine vollständige Vermittlung im Detail während der Zeit der Ausbildung nicht mehr möglich ist. Immer gefragter wird daher Methodenwissen, um sich die notwendigen Informationen rasch und zielorientiert beschaffen zu können.
  • Lehr- und Studienpläne – Generell soll bei der Erarbeitung neuer Lehr- und Studienpläne den wirtschaftlichen Aspekten wieder größere Bedeutung beigemessen werden. Die Bereiche Management und Teamfähigkeit / Kommunikation / soft skills sind neu aufzunehmen bzw. auszubauen.
  • Fachhochschule – Die aktuelle Differenzierung der Ausbildungswege ist für die zahlreichen Berufsfelder ausreichend. An einer Fachhochschule – Forst wird keinerlei Bedarf gesehen. ¸ Finanzierung – Die Finanzierung der Aus- und Weiterbildung (v.a.Meisterausbildung) ist zu sichern.
  • Spezialisierung durch Weiterbildung – Alle Bildungswege müssen in ihrer Ausbildung solide forstfachliche Grundkenntnisse vermitteln. Die Spezialisierung in Teilbereichen (z. B. Harvesterfahrer) sollte durch gezielte Weiterbildungsmaßnahmen erworben werden.
  • Moderne Kommunikationsmittel – Die Möglichkeiten des Einsatzes moderner Kommunikationsmittel in der Aus- und Weiterbildung sind zu prüfen (Telelearning).
  • Weiterbildung Lehrkräfte – Die Wichtigkeit laufender Weiterbildung ist auch für die Lehrkräfte in den Bildungsinstitutionen gegeben.

 

4.3. Kooperationsbedarf der Universitäten

  • Bakkalaureatsstudium – Der neu angedachte Studienplan der Universität für Bodenkultur soll sowohl den Studenten eine größere Flexibilität in der Ausbildung ermöglichen als auch der Praxis eine breitere Auswahlmöglichkeit an fachlich bestens ausgebildeten Absolventen bieten. Das Bakkalaureatsstudium hat eine fundierte forstliche Grundausbildung sicherzustellen. Die weiterführende Ausbildung zum „Diplomingenieur“ muss über den heutigen Standard hinausgehen.
  • Kooperationen forcieren – Kooperationen der Universität für Bodenkultur mit anderen Universitäten und der forstlichen Praxis sind auszubauen, Lehrinhalte und Institute sind stärker zu vernetzen. Die Verbindung zur Praxis soll durch die Einrichtung von Universitätsbeiräten, in die Vertreter der jeweiligen forstlichen Arbeitsfelder entsandt werden, sichergestellt werden.

 

4.4. Branchenübergreifendes Lernen an BOKU und HBLA gefragt

  • Gastreferenten – An Universität und HBLA soll durch die stärkere Einbindung von Gastreferenten aus für das Naturraummanagement relevanten Bereichen in Lehrveranstaltungen aktuellen Entwicklungen und Problemen größere Bedeutung beigemessen werden. Dadurch wird es auch leichter, auf sich ändernde Anforderungsprofile frühzeitig zu reagieren.
  • Fremdsprachen – Aufgrund der zunehmenden Internationalisierung der Forstwirtschaft sind während der Ausbildung an BOKU und HBLA verstärkt Akzente bei Fremdsprachen zu setzen.
  • Staatsprüfung – Die Staatsprüfungen für Förster und Forstakademiker sind als Abschluss einer Weiterbildungszeit zu sehen, in der praktische Erfahrungen gesammelt und Weiterbildungsangebote in klar definiertem Ausmaß wahrgenommen wurden.

 

4.5. Försterschule für den Ländlichen Raum

  • Pflichtpraktikum – Im Bereich der HBLA soll in einem gemeinsamen Dialog zwischen Betrieben, Schülern und Lehrern eine Neukonzeption des Pflichtpraktikums zur Verbesserung des beiderseitigen Nutzens erarbeitet werden. Nach der Durchführung des Pflichtpraktikums sollte eine verpflichtende Evaluierung der Praktikumstätigkeit durchgeführt werden, an der wieder Forstbetrieb, Schüler und Lehrer beteiligt sind.
  • Ländlicher Raum – Die forstliche Ausbildung an der HBLA sollte generelle Aspekte der Entwicklung des Ländlichen Raumes stärker betonen, um damit neue Tätigkeitsfelder erschließen zu können.

 

4.6. Forstfachschule Waidhofen – Ganzheitlicher Ansatz

  • Berufsjägerausbildung – Die Berufsjägerausbildung soll verbindlich mit der Ausbildung zum Forstwart oder Forstwirtschaftsmeister gekoppelt werden. Damit soll eine Berücksichtigung forstlicher Belange im Jagdbetrieb sowie Förderung der ganzheitlichen Betrachtungsweise einer Betriebsführung erreicht und eine Erweiterung der beruflichen Einsatzmöglichkeiten ermöglicht werden.
  • Forstwart – Die Ausbildung zum Forstwart ist so zu gestalten, dass eine eigenständige Betriebsführung in kleineren Einheiten bzw. forstlichen Zusammenschlüssen gewährleistet ist. Die Ausbildung hat darauf besonders Bedacht zu nehmen.

 

4.7. Landwirtschaftliche Fachschulen und Ausbildungsstätten – Forstliche Grundausbildung sicherstellen und erleichtern

  • Forstliche Grundausbildung – An allen landwirtschaftlichen Fachschulen ist eine forstliche Grundausbildung im Ausmaß von zwei Wochenstunden sicherzustellen. Die Inhalte sind bundesweit einheitlich zu definieren.
  • Überarbeitung Lehrinhalte – Die Lehrinhalte der Fachschulen sind entsprechend den praktischen Anforderungen an die Absolventen im Betrieb zu überarbeiten. Besonders hinsichtlich betriebswirtschaftlicher Aspekte sollte theoretisches Wissen praktischen Umsetzungsmöglichkeiten weichen.
  • Forstfachschulen – Die Anzahl der Fachschulen mit forstlichem Ausbildungsschwerpunkt sollte erhöht werden.
  • Forstwirtschaftliche Berufsausbildung – Die rechtlichen Rahmenbedingungen bei der Lehrlingsausbildung sind zu durchforsten und zu verbessern, um im Sinne des dualen Ausbildungsmodells eine praxisorientierte Ausbildung zu ermöglichen (z.B. Arbeit mit der Motorsäge).
  • Forstfacharbeiter – Für die Forstfacharbeiterausbildung soll durch geeignete Maßnahmen (z. B. Eingangsprüfung/einwöchiger Vorbereitungskurs) ein einheitlicher Ausgangslevel der einzelnen Kursbesucher sichergestellt werden. Ein einheitlicher Standard bei der Ausbildung ist anzustreben.
  • Forstwirtschaftsmeister – In die Ausbildung zum Forstwirtschaftsmeister sollen verstärkt praxisrelevante betriebswirtschaftliche Kenntnisse ebenso wie unternehmerisches Denken und Handeln und Personalführung eingebaut werden. Auch in der Meisterausbildung ist eine Österreich weite Vereinheitlichung der Lehrinhalte anzustreben.
  • Unternehmer – Qualitätsstandard – Der erfolgreiche Prüfungsabschluss zum Forstwirtschaftsmeister soll Voraussetzung für die Tätigkeit als selbständiger Unternehmer sein. Auf diese Weise könnte der Qualitätsstandard rasch erhöht und dadurch Sicherheit für Auftragnehmer und Auftraggeber geschaffen werden. Bei Dienstleistern sollten gut ausgebildete Forstfacharbeiter zum Einsatz kommen, um die Qualität der Arbeit sicherzustellen.

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